Lizenz zum Üben

Es ist vollbracht! Heute hat das Wetter mitgespielt und der lang ersehnte Prüfungsflug konnte endlich stattfinden. Nach knapp 47 Stunden Ausbildung habe ich den ersten Meilenstein meiner Fliegerkarriere erreicht – ich bin lizensierter Pilot! Mit der Privatpilotenlizenz (PPL) ist der Grundstein für meine beruflichen Zukunft im Cockpit gelegt und es kann weitergehen auf dem Weg zur ATPL.

Der Tag begann für mich nach dem Aufstehen natürlich mit einem Blick in das Flugwetter. Ernüchtert durch die bisher verschobenen Termine, wollte ich nicht zu euphorisch sein, aber die Vorhersage war einfach gut: Der zunächst noch vorhandene Frühnebel sollte im Laufe des Tages Sonnenschein mit Wolkenuntergrenzen bei 3.000 ft. weichen – perfekte Bedingungen. Mein Prüfer schätzte die Situation am Telefon genauso ein, so dass der angesetzte Termin am Nachmittag diesmal nicht abgesagt werden musste.

Bestes Prüfungs-Wetter

Bestes Prüfungs-Wetter

Um stressfrei die letzten Vorbereitungen treffen zu können, war ich schon gegen Mittag am Flughafen in Lübeck. Es blieb also genug Zeit, den aktuellen Wind zu checken und auf dessen Basis die Flugzeit und den voraussichtlichen Spritverbrauch zu berechnen. Im Vorbereitungsraum der FTO Nord habe ich auf dem Tisch alle Dokumente, die der Prüfer sehen wollen könnte, säuberlich ausgelegt: Wetter, NOTAMS, Spritberechnung, Weight & Balance, Start-/Landestrecke, Bordbuch, persönliches Flugbuch und Flugzeug-Dokumente, wie das Lufttauglichkeitszeugnis oder den Wägebericht. Mein Fluglehrer hat die EMRY in der Zwischenzeit vollgetankt und grundsätzlich gecheckt, so dass in der Prüfung keine unangenehmen Überraschungen auftreten konnten. Irgendwann war es dann soweit, der Prüfer kam per Flugzeug von Hamburg nach Lübeck und nach einer kurzen „Aufwärm-Runde“ wurde zunächst der Papierkram erledigt und die Route des Prüfungsfluges gemeinsam besprochen. Dank der vorbereiteten Unterlagen keine große Sache und auch die Fragen zu den Lufträumen, die wir durchfliegen würden, konnte ich beantworten.

Dann ging es raus ans Flugzeug zum Außencheck. Auch hier die ein oder andere Frage zum technischen Verständnis, etwa „Wofür ist diese Antenne?“ oder „Was machen Sie, wenn Sie eine Delle im Blech der Tragfläche feststellen?“. Als hilfreich hat sich erwiesen, alles zu kommentieren, was ich gemacht habe, sowohl beim Außencheck, als auch später in der Luft. Zum Einen konnte ich auf diese Art zeigen, dass ich verstanden habe was ich da tue, zum Anderen blieben dem Prüfer dann nicht mehr so viele Gelegenheiten, unangenehme Fragen zu stellen.

Aussencheck mit Prüfer

Aussencheck mit Prüfer

Anschließend ging es in die Luft. Der erste Teil des Fluges diente zur Überprüfung der navigatorischen Fähigkeiten, während im zweiten Teil die verschiedenen Procedures geprüft wurden. Nach dem Start ging es zunächst nach Süden über den Pflichtmeldepunkt SIERRA 1 und dann nach Osten in Richtung Schwerin. Vom Fernsehturm in Schwerin ein Schwenk nach Norden Richtung Wismar und auf dem Weg dorthin Airwork mit Recovery von Stalls in Clean und Landing Configuration. Über der Ostsee nördlich von Wismar dann Steepturns mit 45° links- und rechtsrum, danach Erfliegen von Radials inbound und outbound LUB VOR. Dazu eine 180°-Umkehrkurve in angenommenen IMC-Bedingungen und eine simulierte Notlandeübung nach Motorausfall. Dann zurück nach Lübeck und Einflug in die Kontrollzone über NOVEMBER für einige Touch & Go’s mit und ohne Klappen. Bei einem der Starts zog mir der Prüfer das Gas in geringer Höhe raus, so dass nur wenige Sekunden blieben, um ein entsprechendes Notlandefeld festzulegen. Aber auch das hat geklappt und einige Platzrunden und einen (forcierten) Go around später erfolgte die Abschlusslandung. Nach dem Abstellen des Motors vor dem Hangar reichte mir der Prüfer die Hand und gratulierte mir zur bestandenen Prüfung. In dem Moment kann man selbst noch gar nicht realisieren, dass man es geschafft hat. Das kommt erst viel später, beim zweiten oder dritten Glas Wein 😉

Up in the air

Up in the air

Der Prüfer war sehr zufrieden mit meiner Leistung und der Ausbildung durch meine Fluglehrer. Ein- oder zweimal hatte ich im Eifer des Gefechts die Höhe nicht sauber gehalten, aber das war der einzige Kritikpunkt. Ich selbst war nicht so richtig glücklich mit meiner Leistung heute, denn ich weiß, dass ich das Flugzeug viel besser trimmen kann, dass ich die Platzrunden strukturierter und die Landungen sauberer fliegen kann. Aber ich weiß auch, dass einen der Hang zum Perfektionismus in der Fliegerei immer begleiten wird. Es geht immer ein bisschen schöner, besser oder schneller. Am Ende habe ich bewiesen, dass ich weiß was ich tue und dass ich die Abläufe im Flugzeug sicher beherrsche. Für alles andere habe ich seit heute die Lizenz zum Üben.

Gruppenfoto mit Ausbildern, Prüfer und Leiter der Flugsicherung

Gruppenfoto mit Ausbildern, Prüfer und Leiter der Flugsicherung (Bernd Hellwig, Michael Huber, Christian Waschke und Thomas Viertbauer / v. l. n. r.)

4 Antworten zu “Lizenz zum Üben

  1. Grosses Kino,

    nur bei den drei Gläsern Wein wirds doch nicht geblieben sein, oder? Spass beiseite, wir (alle Lehrer und die Verwaltung der FTO Nord) sind nicht minder begeistert von Deiner Leistung. Jetzt flieg mal los, der Weg geht weiter, ich freue mich drauf.

    Liebe Grüße,

    Christian

  2. Hi Holger!
    Was für eine Leistung…da kannst du aber mal so richtig stolz sein…und – was sagt man eigentlich bei euch Fliegern..immer n Kubikmeter Luft unter den Tragflächen???

    Viele Grüße und DAUMEN HOCH!!!!

    Götz

  3. Herzliche Glückwünsche zu Deiner Leistung und viel Spaß beim weiteren üben und lernen! 🙂

    Liebe Grüße,

    Bernd

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