Die Traumberufe von Kindern, zumindest aus meiner Generation, sind häufig sehr ähnlich: Lokführer, Baggerfahrer, Astronaut, Polizist oder Pilot. Bei mir war es – oh Wunder – schon immer letzterer. Da man als Jugendlicher naturgemäß noch nicht im Cockpit sitzen darf, musste der Microsoft Flugsimulator her. Stundenlang saß ich vor dem PC und bin in allen möglichen Ecken der virtuellen Welt herumgeflogen. Ich war sogar so verrückt, den Flug von Frankfurt nach Bangkok in einer Boeing 747-400 zu simulieren – in Echtzeit wohlgemerkt! Während der 11 Stunden vor dem PC musste ich von der Flugbegleiterin (meiner Mutter) mit Nahrung versorgt werden, da ich pflichtbewusst nicht dazu zu bringen war, das „Cockpit“ zum Essen zu verlassen. Aus heutiger Sicht finde ich die damaligen Ambitionen schon etwas merkwürdig, zumal ich den Flug mit einer Bruchlandung auf dem Don Muang Airport beendet habe 🙂
Diese Erinnerungen kamen hoch, als ich kürzlich im Rahmen meiner PPL-Ausbildung Unterricht im professionellen Simulator der FTO Nord bekommen habe. Bis zu fünf Stunden der Ausbildung können im FNPT II (Flight Navigation and Procedure Trainer) absolviert werden, der auch im Rahmen der Berufspilotenausbildung eingesetzt wird. Geübt werden dabei in erster Linie navigatorische Verfahren, also Stationsüberflüge oder die Anwendung der bordseitigen Instrumente (VOR/DME, ADF, GPS) zur Orientierung durch Kreuzpeilungen.
Der große Vorteil im Simulator ist die Freeze-Taste, mit der man einen Flug jederzeit pausieren kann. So können Unklarheiten in Ruhe besprochen werden, bevor der Flug fortgesetzt wird. Außerdem kann das Flugzeug vom Lehrer per Klick an jede beliebige Stelle versetzt werden und das Wetter stufenlos verschlechtert bzw. verbessert werden, so dass ein echter Orientierungsverlust provoziert wird. Die Aufgabe besteht dann darin, die eigene Position zu ermitteln, um den Flug sicher fortsetzen zu können. Im Gegensatz zum heimischen Flugsimulator entsteht im FNPT II, der auf die Muster Beech A36 Bonanza, Seneca III, King Air 200 eingerüstet werden kann, sehr schnell ein echtes Fluggefühl, da die Instrumentierung der eines realen Flugzeugs entspricht. Jedenfalls verlasse ich das Cockpit nach 1,5 Stunden intensivem Training freiwillig in Richtung Couch…
Nachtrag für die Flieger unter den Blog-Lesern:
In meiner zweiten Sim-Sitzung habe ich neben den bereits bekannten Verfahren noch etwas Neues kennengelernt, das nicht ganz alltäglich ist und heutzutage auch nicht mehr gelehrt wird – erst recht nicht in der PPL-Ausbildung: Das Fliegen eines DME-Arc . Klingt hochkompliziert, ist aber, wenn es von einem kompetenten Lehrer erklärt wird, am Ende ganz simpel: Man fliegt einen Kreisbogen in einem vorher definierten Abstand um eine VOR-Station. Es gibt auf der Welt noch ein paar IFR-Anflüge, die per DME-Arc durchgeführt werden, z.B. in Kairo/Ägypten. Sehr spannend und weit über PPL-Niveau, aber wenn man nett fragt, kriegt man bei der FTO Nord offensichtlich mehr erklärt, als üblich 🙂