Es ist immer wieder das gleiche Dilemma: Zum Fliegen braucht man Zeit und Geld. Beides gleichzeitig zu haben ist ein Luxus, der selten eintritt. Daher habe ich in den letzten Wochen meine Zeit mit Arbeiten und nicht im Cockpit verbracht. Mit einer Ausnahme – und die hatte es auch gleich in sich:
Das fliegermagazin hat ein Flugzeug getestet, das eine Nummer größer ist als üblich – eine brandneue Cessna C208 Grand Caravan EX. Und da dieses Modell mit 11 Sitzplätzen ausgestattet ist, durften ein paar Kollegen mit auf die Testreise 🙂 Die Caravan wird in vielen Regionen der Erde als „Lastesel“ eingesetzt und transportiert Güter und Passagiere als Buschflugzeug auch in entlegene Gebiete. Das hochbeinige und stabile Fahrwerk ist dabei ideal, um auch auf unbefestigten Pisten zu starten und zu landen.
Der Tag begann mit dem Treffen am Business Aviation Terminal des Hamburger Flughafens (EDDH). Dort erwartete uns neben einem Vertreter der deutschen Cessna-Niederlassung auch Werks-Pilot Adam, der sich trotz seines amerikanischen Akzents als Ire entpuppte. Nach dem Check-In und der üblichen Sicherheitskontrolle ging es raus auf das Vorfeld zu unserem amerikanisch registrierten Flugzeug (N511EX). Ein Propellerflugzeug in dieser Größe ist wirklich ein imposanter Anblick, zumal das Demonstrator-Flugzeug mit einem sogenannten Cargo-Pod (zusätzlicher Frachtraum unter dem Rumpf) ausgerüstet ist.
Ähnlich wie bei der King Air betritt man als Passagier das Flugzeug über eine kurze Treppe seitlich am Heck, wobei einem die stabilen Handläufe den Einstieg erleichtern. Für mich war es ein tolles Gefühl, den Rollstuhl mal nicht in seine Einzelteile zerlegen zu müssen. Stattdessen wurde er einfach, so wie er war, im rückwärtigen Teil des Flugzeugs „geparkt“. Da die Kabine sehr geräumig ist, wurde der Durchgang für die Mitflieger dabei nicht eingeschränkt.
Für einen flugbegeisterten Menschen wie mich ist allein schon das Anlassen der PT6-Turbine ein tolles Erlebnis – der Klang des Triebwerks und der leichte Hauch von Kerosingeruch ließen mein Herz jedenfalls höher schlagen 🙂 Bei besten VFR-Bedingungen ging es dann mit einem erstaunlich kurzen Take-Off-Roll auf der RWY 05 los in Richtung Dänemark. Da die Flugstrecke nicht besonders lang war, flogen wir recht niedrig in ca. 2.500 ft über Fehmarn in den dänischen Luftraum, um nach ein paar weiteren Flugminuten unser Flugziel, die kleine dänische Insel Vejroe, in Sicht zu bekommen. Genau hier hatte sich kurz vor unserer Ankunft ein kleines Regengebiet platziert, so dass Adam zunächst eine kleine Runde um die Insel flog, um die Beschaffenheit der Landebahn zu beurteilen. Schließlich setzten wir mit Mindestfahrt (inkl. Stallwarning im Anflug) auf der kurzen und nassen Graspiste auf.
Vom Betreiber des Inselrestaurants wurden wir stilecht mit einem alten Land Rover abgeholt und mit einer kurzen Fahrt über die wirklich malerische Insel auf das folgende Mittagessen eingestimmt. Die Insel befindet sich in Privatbesitz und zeichnet sich durch eine sehr exklusive Gastronomie mit angeschlossenem Hotel aus. Nahezu alle verwendeten Lebensmittel stammen aus der inseleigenen Landwirtschaft, was dem fabelhaften Essen deutlich anzumerken war.
Chefredakteur Thomas Borchert und Foto-Redakteurin Christina Scheunemann waren mit einem zweiten Flugzeug zur Insel geflogen, um Air-to-Air-Aufnahmen für den Artikel über die Cessna machen zu können. Während die Redakteure mit Testen und Fotografieren beschäftigt waren, konnten wir übrigen Gäste das mittlerweile grandiose Wetter auf der Insel genießen und vom Boden aus das Geschehen in der Luft verfolgen. Einen Low-Approach der Caravan über der Bahn von Vejroe gibt es hier auch als kurzen Clip:
Mein persönlicher Höhepunkt erwartete mich auf dem Rückflug, den wir am späten Nachmittag antraten: Ich durfte auf dem Copiloten-Sitz Platz nehmen und Pilot Adam mit Fragen löchern, während wir bei schönstem Herbstlicht Richtung Hamburg flogen. Am Flughafen herrschte reger Verkehr, so dass wir noch ein paar Warteschleifen fliegen mussten, bevor es dann vom Controller ein „Runway 15, Cleared to land“ gab und mit dem Abstellen des Triebwerks an der Parkposition ein wirklich tolles Flugerlebnis in einem nicht alltäglichen Flugzeug endete.