Immer wieder habe ich mir vorgenommen, auch mal etwas für meinen Körper zu tun. Sport, Fitnessstudio oder zumindest mehr Bewegung im Alltag und einfach bewusster essen. Aus irgendwelchen Gründen hat es nie funktioniert – keine Zeit, falscher Zeitpunkt, Stress bei der Arbeit, eine Familienfeier nach der anderen, zu warm, zu kalt, zu krank, zu gesund. Ganz ehrlich: Wer kennt das nicht?!
Wie schon so oft im Leben, hat die Fliegerei mir auf die Sprünge geholfen, meinen inneren Schweinehund zu überlisten. Kürzlich wurde mein 1er Medical ohne Beanstandung verlängert. Aber im Vorfeld hatte ich ein schlechtes Gewissen, denn die lieb gewonnene tägliche Kombination aus Essen, wenig Bewegung und gerne auch mal ein zwei Gläschen Wein am Abend ist nicht unbedingt die ideale Voraussetzung für so eine Untersuchung. Entsprechend aufgeregt war ich bei der Begutachtung. Natürlich bin ich heilfroh, dass es keine Probleme gab, aber diesmal habe ich die Gunst der Stunde genutzt und bin aktiv geworden: Nun bin ich für vier Wochen in einer Rehaklinik einquartiert, die auf Patienten mit Querschnittssymptomatiken spezialisiert ist. Hier gibt es für mich von morgens bis abends das volle Sport-Programm und eine Ernährungsumstellung gleich dazu. Das ist schon eine riesige Umstellung, aber zum einen habe ich mich ja freiwillig „inhaftieren“ lassen und zum anderen stelle ich mir immer vor, wie fit ich sein werde, wenn ich hier raus komme. Der Gedanke, dass mir das auch bei meinem Plan zu Gute kommt, beruflich im Cockpit zu sitzen, ist sehr motivierend.
Der Aufenthalt in einer Rehaklinik entschleunigt den Alltag ungemein. Neben der körperlichen Betätigung bleibt viel Zeit, sich mit den eigenen Gedanken und jeder Menge Literatur zu beschäftigen. Den Fernseher und das Telefon habe ich bewusst nicht gebucht. Stattdessen lese ich all die Bücher, die ich immer schon lesen wollte. Dazu gehört natürlich auch ein ganzer Stapel Lehrbücher aus der Luftfahrt 🙂
In einer Spezialklinik begegnet man auf einem Fleck sehr vielen Menschen, die von harten Schicksalsschlägen getroffen wurden. Wenn ich Patienten sehe, die Hilfe bei jeder Kleinigkeit brauchen, die mit starrem Blick irgendwo auf einem Krankenhausflur geparkt werden und hilflos warten müssen, bis sie von irgendjemandem irgendwohin gebracht werden, empfinde ich schlagartig Demut. Demut vor dem Leben, das ich führen darf. Im Gegensatz zu vielen anderen Menschen kann ich meiner Vision folgen – ich habe das große Glück, fliegen zu dürfen. Ich habe zwar eine körperliche Beeinträchtigung, aber gleichzeitig bin ich gesegnet mit dem absoluten Optimismus, mich davon nicht am Fliegen hindern zu lassen. Mir ist klarer denn je, dass mich mein beruflicher Weg ins Cockpit führen wird – das ist nicht nur ein Wunsch, sondern auch eine Verpflichtung mir selbst und dem Schicksal gegenüber.
Hey, Dir eine gute Zeit! Und meld dich, per Brieftaube oder so, wenn du Nachschub und/oder weiteren Input brauchst! Vier Wochen Entschleunigung klingen so oder so ziemlich gut … gib alles!! 🙂